Dieses verschollene Monumental-Historienbild ist aus der Künstlerhausausstellung 1908 (Katalog #338, als unvollendet bezeichnet) sowie dem Einlaufbuch des Künstlerhauses (52 1908/09 #1768) und zeitgenössischen Presseberichten (u.a. Die Zeit 24.3.1908 S.2) dokumentiert.
Das Bild entstand im Kontext einer Initiative von 4 Wiener Künstlern: John Quincy Adams (1873-1933), Albin Egger Lienz (1868-1929), Alois Hans Schramm (1864-1919) und Charles Wilda (1854-1907), der sich drei weitere Künstler anschlossen: Siegmund Ajdukiewicz (1861-1917), Paja Jovanović (1859-1957) und Josef Jungwirth (1869-1950). In einem Memorandum legten sie dem Wiener Stadtrat 1905 ein Programm zur künstlerischen Ausgestaltung der zwei seitlich vom Festsaal des Wiener Rathauses gelegenen Buffeträume mit 8 Monumental-Bildern plus Supraporten vor, die die Künstler auf eigene Kosten anfertigen wollten (Die Zeit 31.5.1905 S.7), ein Vorschlag, der vom Stadtrat am 5.5.1905 genehmigend zur Kenntnis genommen wurde (Wiener Kommunalkalender 1906 - Gemeinde Chronik S.639). Das thematische Programm, das mit dem Direktor der städtischen Kunstsammlungen (dem heutigen WienMuseum) abgesprochen war, umfasste folgende historische Themen: 1. Vindobona, Besitznahme durch die germanischen Völker; 2. Szenen aus dem Nibelungenlied; 3. Szenen aus dem Hofleben der Babenberger Herzöge Leopold V. oder Leopold VI. - Sängerkreis und Kreuzzüge; 4. Rudolf IV. der Stifter; 5. Empfang Kaiser Friedrichs ll. und des Erzherzogs Maximilian bei einem Tanzfeste im Hause des Bürgers Nikolaus Teschlers im Regensburgerhof oder Bürgerstechen auf der Brandstätte am Faschingsdienstag (1490); 6. Belagerung Wiens durch die Türken (1663); 7. Karl VI. (Hochzeit Maria Theresias); und 8. Szenen aus dem Jahre 1809 oder ein modernes Thema (Das Vaterland 5.5.1905 S. 6). Im Memorandum behielten sich die Künstler die Freiheit der künstlerischen Gestaltung insbesondere der Malweise, die Zustimmung zur Übergabe an die Stadt sowie das Vorschlagsrecht zur Einladung weiterer Künstler im Falle der Verhinderung eines der beauftragten Künstler vor, schlossen aber dezidiert materielle Entschädigungen oder „Gegenwidmungen“ aus. Ein reduziertes Programm für einen Büffetraum sollte schließlich seitens der Stadt Wien weiterverfolgt werden. Wiens Bürgermeister Karl Lueger beauftragte Adams, Egger Lienz, Schramm, und Wilda 4 Bilder anzufertigen. Charles Wilda verstarb bereits im Jahr 1907 und dürfte nicht mit dem Auftrag begonnen haben. Sein Sujet ist unbekannt. Das Werk von Adams wurde 1908 unvollendet ausgestellt und ist verschollen. Es stellt eine Episode aus den Kreuzzügen dar (Thema #3). Die zwei Werke von Schramm und Egger Lienz sind erhalten und im Besitz des WienMuseums (s. Querverweise). Sie stellen den Einzug König Etzels in Wien aus der Nibelungensage (Thema #2) (Egger Lienz, datiert 1909/10) dar, sowie Fischer von Erlach präsentiert Kaiser Karl VI. das Modell der Karlskirche vor der im Bau befindlichen Kirche (Thema #7) (Schramm 1907/08). Das Schramm-Bild war 1908 neben dem Adams-Bild ebenfalls im Künstlerhaus ausgestellt. Aus diesen zwei Werken (sowie dem phänomenal hohen Versicherungswert von 30,000 Kronen des Adams-Werkes bei der Künstlerhausausstellung (EL 52 1908/09 #1768) kann auch auf das idente Riesen-Format des Adams-Bildes geschlossen werden: 260 x 840 cm! (zur Visualisierung des Riesenformates s. Querverweise). Das Format ergibt sich aus den Abmessungen der seitlichen Buffeträume und der geplanten Anbringung über der auch heute noch existierenden Holzverkleidung. (Der südseitige Buffetraum dient seit ca. 1970 als Büro des Bürgermeisters von Wien.) Das Projekt wurde nach dem Tode von Bürgermeister Lueger im Jahr 1910 aufgegeben und die Bilder wurden nicht im Wiener Rathaus angebracht.
Der Titel des Adams Werkes Ankunft Kaiser Barbarossa’s an der Donau bezieht sich auf eine historische Episode aus dem 3. Kreuzzug, wo Kaiser Friedrich I. Barbarossa (1122-1190) mit dem Kreuzzugsheer in Wien Station machte. Er kam am 18.5 1189 in Wien an, die Anreise erfolgte per Schiff auf der Donau. (Die Wien Chronik berichtet, daß nach dem Aufenthalt 500 Kreuzritter das Heer wegen „unsittlichen Betragens und Diebstählen“ verlassen mussten. Wie bekannt, ertrank der Kaiser auf diesem Kreuzug dann 1190 im Fluss Saleph in Kleinasien.) Dies war der zweite Besuch Kaiser Friedrich Barbarossa’s in Wien. Der erste erfolgte im Jahre 1165. Eine Kritik des Gemäldes, das der anonyme Kritiker „zum Teil hölzern“ und „unhistorisch“ fand, aber die Stadt Wien als „Mäzen“ (bei einem unentgeltlichen Geschenk der Künstler an die Stadt!) feierte (Danzers Armee Zeitung 2.4.1908 S. 11), erlaubt einen Eindruck der Gestaltung des Gemäldes: Kaiser Friedrich Barbarossa ist an Bord eines Schiffes am Donau-Ufer und wird von Herzog Leopold V., der sich am Ufer befindet und „mit Furcht“ zum Kaiser hinaufblickt empfangen. Ein „nackter Schiffer legt ein einzelnes Brett als Landungssteg hin“, was der Kritik als unpassend für den „prächtigen Hof der Babenberger“ erschien. An Land wird das Kreuzfahrerheer, das den Kaiser begleitet, als „scharf ausgerichtete Kreuzfahrereskadron“ dargestellt und als unhistorisch kritisiert (was, wie die Wien Chronik Schilderung eines undisziplinierten Heerhaufens nahelegt, wohl ein zutreffender Kritikpunkt seitens einer Heereszeitung war).
Es ist nicht bekannt ob Adams das Werk vollendete (was, wie andere Beispiele wie die unvollendet gebliebene Kaiserjägerhuldung aus 1916 zeigen, eher unwahrscheinlich ist). Das Werk dürfte im Besitz des Künstlers verblieben sein, da unter der Liste der grossformatigen Gemälde aus dem Adams Nachlass die das Künstlerhaus 1948 erstellte ein mit der Nummer 1963 bezeichnetes "Kreuzfahrerbild" aufscheint. (Der Nachlassaufkleber ist in Form einer 2 x 3 cm grossen gezähnten Papiermarke mit hellblauem Deko-Rand darin handschriftlich eingeschrieben die Nummer 1963.) Es gibt keine Unterlagen an wen das Bild nach 1948 übergeben wurde (es verblieb nicht im Künstlerhaus). Das Bild ist also als verschollen anzusehen und hat sich wenn überhaupt wohl wegen des extremen Formates nur in eingerolltem Zustand erhalten. (Die Rolle des Schramm-Bildes hat 52 cm Durchmesser und ist 3 Meter hoch.)
Der Kritiker Josef Folnesics schreibt (Die Zeit 24.3.1908 S.2) positiv, wenn auch wenig enthusiastisch über die Adams- und Schramm-Bilder:
„...Das geschichtliche Ereignis ist Nebensache, es ist nichts als ein willkommenes Motiv, um einen wohltuenden Zusammenklang von Farben, eine großartige Dekoration mit einem ernsten, würdigen Inhalt zu gewinnen. Von diesem Gesichtspunkt aus sind die beiden für das Wiener Rathaus bestimmten großen Bilder von Adams und Schramm zu betrachten. Adams stellt die Ankunft des Kaisers Barbarossa an der Donau dar. Historische Treue hätte in solchem Falle wenig Wert. Das Bild muß wirken und im allgemeinen verständlich sein, es muß sich harmonisch in den Raum fügen, den es schmücken soll, es darf nicht zu realistisch, auch zu kräftig und selbständig in der Farbe sein, es muß sich an Ort und Stelle als etwas ganz Selbstverständliches präsentieren. Diese Aufgabe erfüllt das Bild von Adams in vortrefflicher Weise, und Schramm, der Fischer von Erlach gemalt hat, wie er Kaiser Karl VI. das Modell der Karlskirche erklärt, steht zu dem Bilde Adams' in keinem Gegensatz. Sich für beide Arbeiten besonders zu erhitzen, ist kein Anlaß vorhanden, aber ihren Zweck werden sie in vollkommen zufriedenstellender Weise erfüllen.“
Querverweise
Die zwei erhaltenen korrespondierenden Monumentalbilder (WienMuseum):
Alois Hans Schramm Kaiser Karl VI und Fischer von Erlach vor der Karlskirche 1907/08.
Albin Egger Lienz Einzug König Etzels in Wien (Nibelungensage) 1909/10.
Visualisierung des Riesenformats der Bilder:
Der Herausgeber vor dem Schramm Bild bei der Fischer von Erlach Ausstellung 2024 im WienMuseum.
Ausgestellt
1908 Künstlerhaus Wien (Katalog #338), Einlaufbuch 52 1908/09 #1768
Literatur
APH, Werksverzeichnis JQA 1995, S. 88, Kat.#57, ohne Abbild (dort mit 1908 datiert)
Provenienz
1907-1933 beim Künstler.
1933-1948 sein Nachlass (1938-1948 eingelagert).
Seit der 1948 Inventarisierung im Künstlerhaus Wien verschollen.