Selma Kurz 1909
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Ganzkörperportrait, mit leicht geneigtem Kopf den Betrachter anblickend, stehend an einem Klavier, die linke Hand auf dessen Tasten, die rechte Hand hinter dem Rücken, in einem Wohnungsinterieur (blau-gold gepolsteter Rokkokosessel, Marmorkamin mit Dekorationsobjekten, Bilder, Teppich). Die Portraitierte in einem schwarzen bodenlangen Kleid mit schwarzen durchscheinenden Ärmeln, der tiefe Ausschnitt mit blauem Stoff und breiten weissen Spitzen hinterlegt.
JQAW# P_1909_020
Öl auf Leinwand 203 x 180 cm
Signatur: John Quincy Ɑdams
Theatermuseum Wien BT O 4712
Bild: KHM-Museumsverbund Theatermuseum Wien
Selma Kurz, 15.10.1874 Bielitz (Bielsko-Biała, PL) bis 10. 5. 1933 Wien. Gefeierte Mezzo- und Koloratur-Sopranistin der Wiener Hof- und Staatsoper (dort aktiv 1899 bis 1927).
Von Gustav Mahler engagiert und gefördert, entwickelte Sie eine stupende Technik, kombiniert mit der Fähigkeit in sowohl lyrischen wie auch dramatischen Partien zu überzeugen. Ihre Paraderollen in Wien ware u.a. die Mimi in Puccini’s Bohème, Mignon (Ambroise), Leonore und Violetta in Verdi’s Trovatore und Traviata und viele andere mehr (s.Spielplanarchiv der Wiener Staatsoper). Berühmt durch ihre schier endlosen „Kurz Triller“ (vgl.Hörbeispiel des Lockrufs aus Goldmark’s Königin von Saba 1925); Fans stoppten die Dauer ihrer Triller, die ohne Atemholen bis zu 30 Sekunden dauerten, während der Vortsellungen mit.
Erfolgreiche Gastauftritte in vielen Europäischen Ländern (u.a. mit Enrico Caruso in London), Nachwuchsunterricht, sowie frühe Schallplattenaufnahmen machten Sie zu einer der erfolgreichsten Sängerinen ihrer Zeit. Roman Sandgruber listed sie (ebenso wie Leo Slezak) für 1910 unter die 500 reichsten der (zahlreichen) Wiener und (eher weniger zahlreichen) Wienerinnen (gemessen an dem versteuerten Einkommen). Nach kurzen Beziehungen mit Gustav Mahler und Nathaniel Rothschild (s.dessen Portraitphoto) heiratete Sie 1910 den Gynäkologen Josef Ritter von Halban (das Ehepaar hatte zwei Kinder) und lebte und unterrichtete in ihrer von Adolf Loos ausgestatteten repräsentativen Wohnung in Wien Löwelstraße 8, wo auch ihr Adams Portrait hing. 1929 mit Krebs diagnostiziert, verstirbt Selma Kurz 1933, im gleichen Jahr wie auch John Quincy Adams und Adolf Loos. (Adams dürfte mit vielen Opernsänger/innen wie Selma Kurz und anderen Künstlern auch gesellschaftlich verkehrt haben, wie deren gemeinsame Unterschriften auf einem Albumblatt ca. 1925 aufzeigen.
Selma Kurz ist in einem Ehrengrab der Stadt Wien beigesetzt, das mit einer Fritz Wotruba Skulptur („die Liegende“) künstlerisch gestaltet ist, ein Kunstwerk das ursprünglich in prüden Kreisen für Kritik sorgte, aber bis heute ebenso wie das Adams Portrait die Erinnerung an diese grosse Künstlerin wachhält.
Das Portrait Selma Kurz von 1909 ist repäsentativ für den Beginn von Adams Karriere als Maler der Wiener Gesellschaft. Sein Durchbruch gelang 1908 durch ein von der Stadt Wien in Auftrag gegebenes Portrait des Kunstmäzens Fürst Johann II. von Liechtenstein (1840-1929, s. Querverweise). Das voliegende Portraits ist für den konservativen Geschmack der Wiener Gesellschaft ausgeführt. Sein bereits 1907 geschaffenes Portrait der Operndiva Thea Drill Oridge (s. Querverweise), das wohl in Paris entstanden ist, ist demgegenüber viel wegweisender. Einen interessanten Einblick in den Schaffensprozess liefert das Portraitphoto von Madame d’Ora (Dora Kalmus) von 1909, wo Adams vor dem noch unvollendeten Portrait Selma Kurz gezeigt wird.
Das Portrait hing viele Jahre als Dauerleihgabe in der Wiener Staatsoper wo es Kunstfreunde der bildenden und darstellenden Kunst erfreute. Leider nunmehr, wie alle Hauptwerke von Adams, in den Depots der Wiener Museen der Betrachtung entzogen und (mit rühmlicher Ausnahme des Belvedere) auch nicht digital veröffentlicht, ein Manko das dieser Werkskatalog versucht zu schliessen.
Ausgestellt
1909 Künstlerhaus Wien (EL 53 1909/10 Nr. 1517)
1986 Akademie Schillerplatz Wien, Wiener Gesellschaft im Portrait, Katalog Nr. 17 (o.Abb).
Literatur
Schaffer/Eisenburger 1986, Ausstellungskatalog #17.
APH, Werksverzeichnis JQA 1995, S. 95, Kat.#64, Abb.#46.
Roman Sandgruber - Traumzeit für Millionäre, die 929 reichsten Wienerinnen und Wiener im Jahre 1910, Styria, WIen, 2013, 495 pp.
Provenienz
Dargestellte.
Deren Nachkommen,
Privatbesitz München,
Dauerleihgabe an Staatsoper Wien.
Theatermuseum Wien BT O 4712.