¾ Portrait in sitzender Stellung. Der Dargestellte sitzt in einem braunen Clubfauteuil, die Beine übereinandergeschlagen, die Hände ineinander gelegt, in der rechten Hand eine Zigarre. Der Körper ist leicht gedreht, der Kopf dem Betrachter zugewandt, diesen direkt anblickend. Er hat kurze Haare und einen Schnauzbart und ist in einem brauen, dreiteiligen Anzug mit weißem Hemd mit Stehkragen sowie einer braun-roten Krawatte gekleidet. Er trägt einen goldenen Ehering und goldene Manschettenknöpfe. Neben dem Sessel ein Beistelltisch, daruf eine Lampe, aufgeschlagene Bücher, sowie eine ovale Portraitminiatur in rechteckigem Rahmen. Hintergrund ist lediglich durch eine braune Wand und zwei angedeutete Bilder dargestellt.
Max(imilian) Friedmann 14.04.1864 Reschitza/Resiczabánya/Reşiţa (RO) bis 23.08.1936 Bad Ischl, Industrieller und Parlamentsabgeordneter.
Der im Banat (heutiges Rumänien) geborene Max Friedmann ging im Akademischen Gymnasium Wien zur Schule und studierte danach bis 1885 an der Technischen Hochschule Wien. Bereits mit 18 Jahren trat er nach dem Tode des Vaters (1882) als Gesellschafter in die von seinem Vater, dem Erfinder Alexander Friedmann gegründete Maschinenfabrik ein, die er später gemeinsam mit seinem Bruder Ludwig (Louis) leitete. Eine besondere Pioniertat der Friedmann Fabrik war die Erzeugung (1904 bis 1910) eines mit Dampf betriebenen Automobils (Entwickler: Richard Knoller), das sich aber nicht am Markt durchsetzte. (Ein Exemplar des Friedmann-Koller Wagens ist im Technischen Museum Wien erhalten).
Das Interesse an der neuartigen Innovation Automobil sowie das Kunstinteresse der Brüder Friedmann dürfte zur Bekanntschaft zwischen Max Friedmann und John Quincy Adams, der ebenso früh automobilbegeistert war, geführt haben. Die zweite Verbindung zu Max Friedmann führt über den Fechtsport. Sowohl Max wie Louis Friedmann waren aktive Fechter, einen Sport den Adams selbst auf hohem Niveau betrieb. Als Fechter war Max Friedmann meisterlich (sein Bruder Louis und dessen Frau waren vor allem international anerkannte Alpinisten.) Wie intensiv Max Friedmann sich mit dem Fechtsport beschäftigte wird auch aus zwei Vorfällen sichtbar: 1889 verursachte er einen tödlchen Sportunfall als sein Degen durch das Gitter des Schutzhelms seines Gegners in dessen Auge durchdrang und diesen tötete (Arnbom 2002, S. 116); 1909 wiederum wird er gerichtlich verurteilt (aber umgehend begnadigt) als er als Sekundant einem (illegalen) Säbel-Duell assistierte (Illustrierte Kronenzeitung 28. Mail 1909, S.12-13). Fechten war also um 1900 mehr als ein Sport.
Neben seiner Funktion als Fabriksbesitzer und Leiter engagierte sich Max Friedmann auch in der Interessenvertretung der Industrie (1909-1914 Vizepräsident des österr. Industriellenbundes), sowie politisch. 1911-1918 war er Reichsratsabgeordneter, 1918-1919 Mitglied der provisorischen, und 1919-1920 Mitglied der konstituierenden Nationalversammlung des Parlamentes der neuen Republik Österreich.
1894 verehelichte sich Max Friedmann mit Johanna, geb. Mihanović von Frankenhardt (1868-1942), der Ehe entsprangen zwei Töchter (Hanni und Ali). Adams hat alle Mitglieder der Familie portraitiert (s. Querverweise, wobei das Portrait Johanna Friedmann bislang verschollen ist). Die Brüder Friedmann waren sehr kunstinteressiert und bedachten sowohl Mitglieder der Wiener Künstlerhauses (wie Adams) als auch der von ihm abgespaltenen Sezession (wie Gustav Klimt) mit Aufträgen. Bekannt ist Gustav Klimts Portrait der Alpinistin Rosalie Rosthorn-Friedmann, der Gattin von Louis Friedmann (Dame in Schwarz 1900/1901). Neben den Portraitaufträgen an das Künstlerhausmitglied Adams vergab Max Friedmann die Fertigstellung und die Inneneinrichtung seiner Sommer-Villa in Wien Hinterbrühl an der Erbauer der Wiener Sezession Josef Maria Olbrich ein Auftrag, der eine wahre Jugendstil Ikone produzierte, die vom jetzigen Besitzer liebevoll wiederhergestellt wurde. 1919 verkaufte Max Friedmann die Olbrich Villa um die nach dem Kriege in wirtschaftliche Turbulenzen geratene Fabrik zu retten und um die Löhne der Arbeiter auszahlen zu können (sein Bruder Luis tat dasgleiche mit seiner benachtbarten Sommer-Villa), ein Beispiel der sozialen Einstellung der Brüder Friedmann (Arnbom, 2002, S.160). 1928 erleidet Max Friedmann einen Gehirnschlag und stirbt nach langer Krankheit 1936 im Krankenhaus von Bad Ischl. Grablege im Familiengrab Friedhof Hiezing, Wien.
Das Portrait Max Friedmann ist eines der attraktivsten Männerportraits von Adams. Der 44-Jährige wird als attraktiver Mann mit den typischen Attributen von Männerportraits (Bücher, Zigarre) und in einem nur in Brauntönen gehaltenen Farbschema dargestellt, was seinen besonderen Reiz ausmacht und auf Nachkriegsportraits von Adams hinweist. Pendants zum 1905 Portrait von Berta Habig oder dem Portrait Alice Harrach aus 1919 sind evident und bezeugen den besonderen künstlerischen Anspruch, den Adams mit diesem Portrait verwirklicht hat, was wohl Zeugnis einer besonderen Nähe, evtl. Freundschaft unter Fechtsportkollegen nahelegt. Demgegenüber ist das Portrait der zwei Töchter Ali und Hanni Friedmann ebenso aus 1908 eher konventionell, auch wenn es ebenso dem Rembrandesquen Brauntönen Farbschema folgt. Aus einer Literaturquelle (Neues Wr. Tagblatt 25.3.1908 Kunstwanderungen, S.11) ist ebenso ein Portrait von Frau Friedmann (wohl Johanna F.) belegt und ein stilistischer Vergleich wäre aufschlussreich. Leider ist dieses Bildnis bislang verschollen. Es ist bmkw. daß keines der drei Friedmann Portraits im Wiener Künstlerhaus ausgestellt war. Die Nähe zu Künstlern der Sezession hat evtl. die Familie Friedmann abgehalten, ihre Portraits zur Ausstellung im doch als konservativ geltenden Künstlerhaus zur Verfügung zu stellen. Eine Ausstellung eines Portraits stellte für die Dargestellten doch ein erhebliches soziales Prestige dar, auf das die Familie Friedmann in diesem Falle verzichtete. Das Bildnis Max Friedmanns sowie das seiner zwei Töchter wurden 1986 bei der Adams Ausstellung in der Akademie Schillerplatz erstmals wieder vereint.
Ausgestellt
1986 Akademie Schillerplatz Wien, Wiener Gesellschaft im Portrait, Katalog #19.
Literatur
Schaffer/Eisenburger 1986, Ausstellungskatalog #19 (mit Farbabbild)
APH, Werksverzeichnis JQA 1995, S. 85, Kat.#54, Abb.#39.
Marie Theres Arnbom, Friedmann, Gutmann, Lieben, Mandl und Strakosch - Fünf Familienporträts aus Wien vor 1938, Böhlau Wien, 2002.
Provenienz
Der Dargestellte.
Dessen Familiennachkommen.
Privatbesitz Österrreich.