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Ludwig Urban Junior 1924

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Halbportrait stehend, en face, den Betrachter direkt anblickend. Der kahlköpfige Dargestellte in schwarzem Anzug und Krawatte steht an einem Beistelltisch und hat seine rechte Hand auf die aufgeschlagenen Seiten eines Buches/Manuskripts gestützt, seine linke Hand ist in der Sakkotasche. Hintergrund als strukturierte Wandfläche in abgestuften Beigetönen abstrakt gestaltet.

JQAW# P_1924_070
Öl auf Leinwand 135 x 88 cm
Signatur: John Quincy Ɑdams 1924.
Haus der Industrie, Wien.

Ludwig „Vicky“ Urban Junior 16.8.1876 Wien bis 13.3.1946 Wien, Großindustrieller und Politiker des autoritären Ständestaates bis 1938. S. seinen Eintrag im OeBL.

Ludwig Urban wurde in eine bekannte Industriellenfamilie geboren. Sein Großvater Anton I. Urban (1827-1855) stellte die Nagelschmiede seines Vaters Ignaz um und begann mit der Produktion von Schrauben, die von seinen Söhnen Ludwig Urban Senior (1854-1923) und Anton II. Urban (1852-1906) zu einer führenden Schraubenfabrik, die vor allem den Lokomotivbau belieferte, ausgebaut wurde. 1899/1900 erfolgte die Fusion mit der Schraubenfabrik Brevillier zum Unternehmen Brevillier & Urban, die von der Familie Urban (Ludwig Urban Senior, Junior, sowie Anton III. Urban 1881-1946) geleitet, zu einer führenden Firma der Monarchie wurde. 1924 wurde die von Brevillier begründete Zeus- Bleistiftfabrik mit der durch Ankauf erworbenen Bleistiftfabrik Gösting in Graz fusioniert und die Marke Brevillier Urban zu einem Begriff aller Schulkinder des Landes. Seit 1965 werden Blei- und Farbstifte unter der Marke Jolly verkauft, die in Österreich ebenfalls weit bekannt ist. Die Firma existiert weiterhin unter dem Namen Brevillier Urban & Sachs und hat auch die österreichischen Produktionsstätten der in Konkurs gegangenen Hardtmuth Bleistiftfabrik in Hirm integriert. Somit wurden die zwei führenenden Hersteller (beide von Adams portraitiert s. Querverweise) von Bleistiften der Monarchie und Nachkriegszeit in einem Unternehmen vereint und produzieren weiter, wohingegen die einstens viel bedeutendere Brevillier Urban Schraubenproduktion, aus der sich die Urban Familie bereits nach dem Kriege zurückgezogen hatte, seit den 1980er-Jahren nicht mehr existiert.

Ludwig „Vicky“ Urban absolvierte das Gymnasium und studierte an der Technischen Hochschule in Wien. Nach einem Praktikum in der Firma des Vaters und nach mehreren Studienaufenthalten im Ausland wurde er Mitglied des Verwaltungsrates und 1910 Vizepräsident von Brevillier & Urban. 1916-1918 wurde er zum Militär einberufen und leitete ab 1917 wirtschaftliche Referate im Kriegsministerium. Daneben war er auch verbandspolitisch tätig und Mitglied zahlreicher Verwaltungsräte (Inhaber von Aufsichtsratsmandaten). Er war 1906 Mitbegründer des Wiener Industriellenverbandes, bis 1921 sein Vorsitzender und danach dessen Ehrenpräsident. Er war auch Präsident des Hauptverbandes der Industrie Österreichs (der Vorläufer der heutigen Industriellenvereinigung) und vermittelte im großen Metallarbeiter Streik 1924. Politisch unterstützte er die Christlich-Soziale Partei und finanzierte deren paramilitärische Heimwehr (die Gegenmiliz zum [linken] Republikanischen Schutzbund) und trug somit zur zunehmenden Polarisierung der Politik in Österreich bei, die 1934 zu bürgerkriegsähnlichen Zuständen, der Ausschaltung des Parlamentes und der Errichtung des autoritären Ständestaates führte, der jegliche politische Opposition verbot. Die politische Zerrissenheit des Landes führte alsbald zum Untergang Österreichs: 1938 Besetzung durch Deutsche Truppen, den sogenannten „Anschluss“ an Deutschland, gefolgt vom Einsetzen der Verfolgung politisch Andersdenkender sowie der Juden. Ludwig Urban Jun. war ein führender Politiker des Ständestaates. Ab 1934 war er Mitglied des Staatsrates und ab 1936 Mitglied des österr. Bundestages, 1937 traf er als Mitglied einer österr. Delegation auch Adolf Hitler. Nach dem „Anschluss“ verlor er alle politischen und Verbands-Ämter (blieb aber von den Nazis weitgehend unbehelligt). Er fungierte aber weiterhin als Aufsichtsratsvorsitzender des Familienunternehmens, das während des 2. Weltkrieges auf Kriegsproduktion umgestellt wurde und zahlreiche Zwangsarbeiter beschäftigte.

Privat pflegte „Vicky“ Urban einen aristokratischen Lebensstil und war ein Pferdenarr. Er besaß eine Villa im Pratercottage (Laufbergergasse 12) und erwarb 1917 Schloss Tribuswinkel, das er umbaute und dort seine Pferdezucht betrieb. Er besaß ebenso eine Villa am Wörthersee (Villa Miralago) sowie ein Forst- und Jagdgut in der Steiermark (dessen Kaltwasserhütte 1913 von Karl Ludwig Prinz im Bild festgehalten wurde). Er war ein regelmäßiger Besucher von Pferderennen, wo die Pferde seines Gestüts zahlreiche Preise errangen (z.B. gewann 1918 „Reichenau“ das Darby und „Javornik“ die Trial Stakes) , sowie seit 1913 Mitglied des Jockey Clubs, wo er wichtige Funktionen innehielt. 1927 gab er das Pferdezüchten auf, behielt aber weiterhin sein Interesse am Pferdesport. Seine persönlichen Umstände enthielten aber auch Tragik. Seine erste Frau „Stanzy“ (Anna Constanze Urban, geb. Schiebl, 1878-1910, s. deren Eintrag in Pratercottage blog) verstarb jung an Tuberkulose, Sein Sohn „Lutzy“ aus erster Ehe verstarb 1924 auf der Schiffsüberfahrt nach Amerika. Er vermählte sich 1911 in zweiter Ehe mit Getrud „Gerti“, geb. Eissler (1885-1960), die 1958 Schloss Tribuswinkel der Gemeinde Wien schenkte, um dort das „Ludwig Urban Kindererholungsheim“ zu begründen. (Dieses bestand bis 1988. Seit 1991 ist das Schloss im Besitz der Stadtgemeinde Traiskirchen und beherbergt u.a. einen Kindergarten.) Ludwig Urban verstarb 1946 in Wien. Sein Andenken wird durch den „Ludwig Urban Sitzungssaal“ im Gebäude der Österr. Industriellenvereinigung am Schwarzenbergplatz in Wien aufrechterhalten.

Das 1924 entstandene Portrait Ludwig Urbans war eine Auftragsarbeit des Verbandes der Industrie, die ihren Präsidenten damit ehren wollte. Das Bild verblieb im Besitz des Verbandes und seiner Nachfolgeorganisation und ist weiterhin im Haus der Industrie Wien beheimatet. Stilistisch ist es eher konventionell, die Formensprache traditioneller Herrenportraits aufgreifend (Buch als Symbol der Gelehrsamkeit und Weisheit). Lediglich die abstrakte Farbfläche des Bildhintergrundes verleiht dem Portrait einen modernen Anspruch und ist charakteristisch für Adams Spätphase.

Danksagung: Freundliche Mitteilungen von Christopher Wentworth-Stanley (Jockey Club) und von Eva Maria Mandl (Pratercottage blog) lieferten wichtige Informationen zur Biographie.

Ausgestellt

1924 Künstlerhaus Wien (EL 72 1923/24 #2308).

1986 Akademie Schillerplatz Wien, Wiener Gesellschaft im Portrait, Katalog Nr. 52

Literatur

Schaffer/Eisenburger 1986, Ausstellungskatalog #52 (ohne Abb.).

APH, Werksverzeichnis JQA 1995, S. 194, Kat.#157, Abb.#105, dort als „Herrenportrait“ nicht näher identifiziert.

Provenienz

Seit 1924 Industriellenvereinigung Österreichs und seine Vorgängerorganisationen,
Haus der Industrie, Wien.

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