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Leopold Graf Berchtold 1917

Halbportrait in Seitenansicht, in einem Lehnsessel sitzend, das Haupt angehoben und den Blick in die Ferne gerichtet, die feingliedrigen Hände auf seinem linken Knie der überkreuzten Beine aufeinandergelegt. Der Dargestellte trägt einen Oberlippenbart und ist in eine feldgraue Uniform mit Feldbarett mit dem Rangabzeichen eines Rittmeisters (entspricht dem Hauptmann Rang) gekleidet. An der Brust trägt er eine Ordensspange, am Revers, ein weiß-schwarz-weißes Ordensband sowie den Habsburger Hausorden vom Goldenen Vlies.

JQAW# P_1917_040
Öl auf Leinwand 97 x 85 cm
Signatur: John Quincy Ɑdams 1917.
Privatbesitz Österreich.

Graf Leopold Berchtold Wien, 18.4.1863 Wien bis 21.11.1942 Peresznye (Prössing) bei Köszeg (HU), Diplomat und k.u.k. Außenminister, einer der Schlüssel-Akteure beim Ausbruch der Ersten Weltkrieges. S. seine Einträge im OeBL und in der Deutschen Biographie sowie die Literaturhinweise.

Leopold Anton Johann Sigismund Joseph Korsinus Ferdinand Graf Berchtold, Freiherr von und zu Ungerschitz, Fratting und Pullitz wurde am 18.4.1863 in Wien geboren. Er ist ein typisches Vertreter der k.u.k. Monarchie, mit umfassenden Sprachkenntnissen (Deutsch, Tschechisch, Slowakisch, Ungarisch, aber auch Französisch und Russisch), umfangreichen Besitzungen in mehreren Teilen der Monarchie und dementsprechend fluider Nationalitätenzuordnung. Das Geschlecht der Berchtolds stammt ursprünglich aus Tirol, wird aber wechselweise als Böhmisch-Mährisch, Slowakisch, Ungarisch, oder Österreichisch beschrieben. Leopold wuchs auf dem Schloss Buchlovice (Buchlau) in Mähren auf und erhielt Privatunterricht. 1887 trat er in den Staatsdienst ein, ab 1893 diente er im diplomatischen Dienst an den Botschaften Paris, London und St. Petersburg. Von 1906-1911 war er österreichischer Botschafter in St. Petersburg. 1908 arrangierte er ein Treffen der Aussenminister Russlands und Österreich-Ungarns, das zum Buchlau Abkommen führte, in dem Russland der Annexion Bosniens vom Osmanischen Reich durch Österreich zustimmte. Dies war der bedeutendste diplomatische Erfolg von Graf Berchtold. Im Februar 1912 wurde er gegen seinen Willen (er hielt sich der Position nicht für gewachsen) zum Außenminister ernannt, ein Amt, das er bis zu seinem Rücktritt in Jänner 1915 innehielt. Gleichsam als „Kompensation“ erhielt er 1912 den Orden vom Goldenen Vlies.

Als Außenminister trat Graf Leopold Berchtold ein schweres Amt an. Die Diplomatie der Monarchie war jahrzehntelang durch Passivität und dem Wunsch zum Erhalt des Status quo, ja sogar von einem gewissen Defätismus der Wiener Eliten, die an den Fortbestand der Monarchie und des Vielvölkerstaates nicht mehr glauben mochten, gekennzeichnet. Aufgrund seiner Persönlichkeit, seiner Unsicherheit und auch Abhängigkeit von den Mitarbeitern des Außenamtes (die sich später als ausgesprochene Kriegstreiber erweisen sollten), wählte Berchtold eine vorsichtige Politik, suchte Konsens unter/mit vielen Beratern (u.a. auch Fürst Montenuovo) und „lavierte“ in bester k.u.k. Tradition. Diese Vorgehensweise war aber insbesondere der Situation auf dem Balkan, der sich seit der Österreichischen Annexion Bosniens und der Herzegovina 1908 zunehmend zum Pulverfass entwickelte, nicht wirklich angemessen. Krisen (Skutari 1913) und lokale Kriege (Erster und Zweiter Balkankrieg 1912 und 1913) waren die Vorboten des Ersten Weltkrieges.

Nach der Ermordung des österreichischen Thronfolgers und seiner Gemahlin am 28. Juni 1914 in Sarajewo spitzte sich Situation weiter zu. Der breite Konsens der Wiener Eliten war, durch einen begrenzten Krieg gegen Serbien quasi einen „Befreiungsschlag“ von der jahrzehntelangen Politik der Passivität zu erlangen. Auch Berchtold neigte (unter Einfluss seines Kabinettschefs Graf Hoyos) dieser Ansicht zu. Lediglich der ungarische Ministerpräsident Graf Tisza, der um die territoriale Integrität Ungarns fürchtete (Befürchtungen, die sich 1918/19 als realistisch erweisen sollten), mahnte zur Vorsicht. Als Kompromiss wurde ein Ultimatum an Serbien beschlossen. Diesem 10 Punkte umfassende Ultimatum, von Berchtold verfasst, wurde in 9 Punkten von Serbien auch nachgekommen, aber die fehlende völlige Zustimmung Serbiens veranlasste Österreich dennoch am 28. Juli 1914 den Krieg zu erklären. Diese Kriegserklärung war diplomatisch völlig unzureichend vorbereitet (lediglich der Bündnispartner Deutschland war vorab informiert und unterstützte die österreichische Position bedingungslos) und führte in Folge zu einer Kettenreaktion des Schlagendwerden einer Reihe von wechselseitigen Bündnisverpflichtungen europäischer Mächte sowie Rußlands, was aus einem geplanten begrenzten Serbien-Krieg den Flächenbrand des Ersten Weltkrieges entfachte. Das Endergebnis ist bekannt. Der Untergang der Monarchie, des Deutschen und Russischen Kaisertums sowie des Osmanischen Reiches; drastische Gebietsverluste Österreichs und Ungarns an die neu geschaffenen Nationalstaaten; und rund 10 Millionen gefallene Soldaten (plus 20 Millionen Verwundete) sowie rund 7 Millionen Ziviltote (S. Tucker, Hrsg., The Encyclopedia of World War I. ABC-CLIO, 2005)

Meinungsverschiedenheiten zu den territorialen Forderungen Italiens (als Preis der Aufrechterhaltung seiner neutralen Position), die der Kaiser strikt ablehnte (Berchtold, aber zur Vermeidung einer zusätzlichen Front nachgeben wollte), führten letztendlich zur Demission Berchtolds als Außenminister am 13.1.1915. (Die Weigerung Italien entgegenzukommen führte schlussendlich zur Kriegserklärung Italiens an Österreich im Mai 1915 und der Eröffnung weiterer Fronten in den Dolomiten und zum Gemetzel der 12 Isonzo Schlachten mit über 1 Million Toten.) Berchtold meldete sich anschließend zur Front, erhielt auch eine Kriegsauszeichnung (Verdienstkreuz 3. Klasse), aber kehrte alsbald nach Wien zurück wo er 1916 Obersthofmeister und dann Oberstkämmerer Kaiser Karls wurde. Bezeichnenderweise lies er sich von Adams in Felduniform portraitieren und vermied es, sich (wie Alfred Fürst Montenuovo, s. dessen Adams Portrait) in der prunkvollen Hofuniform des Obersthofmeisters darstellen zu lassen. Nach dem Kriege lebte er als Privatier auf seinen Besitzungen in Westungarn, wo er auch 1942 als Lipód Berchtold verstarb. Er ist im Familiengrab in Buchlovice (CZ) beigesetzt.

Graf Leopold Berchtold heiratete am 25.1.1893 in Budapest Ferdinandine Gräfin Károlyi (1868-1955). Der Ehe entsprangen drei Söhne: Aloys (Alois/„Luis“ 1894-1977, s. dessen Adams Portrait, Querverweise) , Adalbert/Bela (1895-1906) und Sigismund/Szige (1900-1979), dessen weitere Nachfahren das Portrait bewahrt haben. Als Person wird Leopold Graf Berchtold als soignierter, feinsinniger, taktvoller und gebildeter Grandseigneur geschildert. „In seinem von Jagd, Pferdesport, Frauen und Freude an der Kunst begleiteten Leben war er [aber] der letzten politischen Wirklichkeit ferngeblieben. Ein reicher und nicht unbegabter Aristokrat war auf einer verhältnismäßig kurzen Strecke seines Lebens zu einer Stellung ausersehen worden, der er nicht gewachsen war“ (Reisewitz, 1955).

Ausgestellt

1917 Künstlerhaus Wien Kollektivausstellung John Quincy Adams No. 3 (EL 61 1916/17 #539).

1986 Akademie Schillerplatz Wien, Wiener Gesellschaft im Portrait, Katalog Nr. 42.

Literatur

Schaffer/Eisenburger 1986, Ausstellungskatalog #42 (ohne Abb.)

APH, Werksverzeichnis JQA 1995, S.159, Kat.#127, ohne Abb.

J.A. von Reichwitz, 1955, Neue Deutsche Biographie 2 (1955), S. 65-66

Hugo Hantsch, 1963, Leopold Graf Berchtold. Styria, Graz. 1963.

Provenienz

Dargestellter.
Seine Familiennachkommen,
Privatbesitz Österreich.

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