John Quincy Adams, Werkschau John Quincy Adams, Bilder von John Quincy Adams

Gräfin Katinka Karolyi 1918

Ganzkörperportrait, halb liegend auf einer Chaiselongue, von einem dunkelbraunen Polster gestützt, ihren rechten Arm auf der Lehne abgestützt, mit ihren Haarlocken spielend, die linke Hand auf ihrem Schoß eine Perlenkette umfassend, die Beine überkreuzt, den Betrachter direkt anblickend. Sie trägt ein ärmelloses, weit ausgeschnittenes Kleid, darüber, nur ihre rechte Schulter freilassend, einen weinroten Mantel mit dunkelbraunem Pelzbesatz. Die Chaiselongue ist mit einem gestreiften Biedermeierbezug gepolstert und hat auffällige goldene Klauenfüße, davor ein Teppich; im Hintergrund ein geraffter goldener Brokatvorhang.

JQAW# P_1918_080
Öl auf Leinwand 187 x 175 cm
Signiert: John Quincy Ɑdams 918
Privatbesitz Frankreich.

Katinka Gräfin (Michael) Károlyi, geb. Andrássy, 21.9.1892 Tiszadob bis 12.6.1985 Antibes, die „rote Gräfin“.
In eine hocharistokratische Magnatenfamile, die eine Reihe namhafter Politiker hervorbrachte, geboren. Ihr Großvater war Gyula Graf Andrássy, Pemierminister Ungarns nach dem 1867 Ausgleich und langjähriger Außenminister der Habsburger Doppelmonarchie; ihr Onkel und Stiefvater (aus der 2. Ehe ihrer verwitweten Mutter Eleonora, geb. Gräfin Zichy) Graf Gyula Andrássy Jr. war letzter Außenminister Österreich-Ungarns. Nach einer extrem behüteten Kindheit, begann sie sich früh für soziale und politische Fragen zu interessieren. 1913 lerne sie den 17 Jahre älteren Grafen Mihály (Michael) Károlyi de Nagykároly (1875–1955) kennen. Ebenso aus der Hocharistokratie und einer der größten Grundbesitzer Ungarns hatte dieser politische Ambitionen und verfolgte sozial-reformerische Ideen. Das Paar heiratete am 7. November 1914. Katinka teilte die politischen Ziele ihres Gatten und war selbst auch als politische Aktivistin tätig (so organisierte sie 1918/19 einen politischen Debattierklub für Frauen in Budapest). Mihály Károlyi, ein emminenter Kritiker des Ersten Weltkrieges und Führer der Parlamentsopposition wurde im Herbst 1918 von Kaiser Karl als Premierminister Ungarns ernannt, nach Ausrufung der Republik Ungarn wurde er zum Präsidenten Ungarns gewählt, trat aber im März 1919 nach Scheitern seiner Politik zurück. (Sein Projekt der Landreform konnte er nicht durchführen, verteilte aber das Land seiner Latifundien an die Bauern-Pächter). Linksrepublik und Gegenrevolution, die im Horthy (s. dessen Adams Portrait) Regime endete, folgten. Das Paar ging ins im Juli 1919 Exil und wurde später vom Horthy Regime enteignet.

Jahre der wirtschaftlichen Schwierigkeiten und einer Odyssee des Exils (zuerst in der Tschechoslowakei, dann in Italien, von dort nach Österreich deportiert, danach in Jugoslawien) folgten. 1923 ging das Paar nach England ins Exil, wo es mit führeneden Linkspolitikern und Intellektuellen regen Kontakt pflegte. In den 1930er-Jahren lebte es in Paris wo es sich zunehmend antifaschistisch engagierte und sich ideologisch den Kommunisten annäherte. Katinka übernahm eine Reihe von Aufgaben einer politischen Aktivistin: 1924 Vortragsreise in die USA (wo sie an Typhus erkrankte - eine Wiedereinreise 1925 wurde von den US Behörden verweigert); 1931 bereiste sie die Sowjetunion und berichtete über die Lage der Frauen in der UdSSR und über die Feierlichkeiten zu George Bernad Shaw’s 75. Geburtstag in Moskau; 1933 schmuggelte sie die Nazi Partei Adolf Hitlers belastende Dokumente aus Deutschland, um sie zu veröffentlichen. Den 2. Weltkrieg verbrachte das Paar in England, wo es die ungarische Diaspora zur Wiederherstellung eines demokratischen Ungarns organisierte.

Im Februar 1946 wurde Mihály Károlyi vom ungarischen Parlament rehabilitiert und sein Palais in Budapest und 150 ha Land restituiert. Das Paar kehrte im Mai 1946 nach Budapest zurück und Mihály Károlyi wurde als Botschafter nach Paris entsannt. Während er anfangs 1949 noch zum Schauprozess gegen Kardinal Mindszenty schwieg, protestierte er gegen die Verhaftung (und spätere Exekution) des kommunistischen Aussenministers László Rajk und zahlreicher seiner Botschaftmitarbeiter in Paris durch das stalinistische Regime des Mátyás Rákosi und musste wiederum ins Exil. Er starb 1955 in Vence, Frankreich. Katinka reiste 1961 nach Budapest und traf den Parteichef János Kádár (dem Erfinder des „Guylaskommunismus“) und erwirkte die Erlaubnis, den verstorbenen Gatten Mihaly, sowie den als Pilotenschüler in England 1939 verunglückten Sohn Adam in Budapest beizusetzen. Zurück in Frankreich verfasste sie Ihren Memoiren auf Ungarisch (2 Bände 1967 und 1969) und auf Englisch (A Life Together, The Memoirs of Catherine Károly, Alan & Unwinn, London, 1966, 343pp.), wobei das Adams Portrait den Schutzumschlag der englischen Ausgabe zierte. Katinka Károlyi verstarb 1985 in Antibes. Basierend auf ihren Memoiren wurde ihr bewegtes Leben auch verfilmt: „Die Rote Gräfin“ ein ungarischer Film aus 1985 (Regie: András Kovács).

Das Adams Portrait der Gräfin Karolyi ist sowohl aufgrund der Prominenz der Dargestellten, ihrer schillernden Biographie, als auch durch seine Ausführung eines der Hauptwerke von Adams. Die Darstellung spielt bewusst auf das Madame Recamier Portrait Jaques-Luis David’s an, um auf die Schönheit und die politische Rolle der Dargestellten zu verweisen. Das Bild ist im turbulenten letzten Jahr des Krieges in Adams‘ Atelier in Wien wohl in Zusammenhang eines Besuchs der Gräfin bei ihrem Onkel/Stiefvater und Außenminister Graf Gyula Andrássy Jr. entstanden. Es ist unklar ob es sich beim Portrait um eine Auftragsarbeit für die Karolyi’s gehandelt hat, das wegen der sich überstürzenden politischen Ereignisse und dem Exil der Karolyi‘s nicht mehr ausgeliefert werden konnte, oder ob Adams das Portrait auf eigene Initiative und Kosten anfertigte (was er öfters tat). Auf alle Fälle verblieb dieses Hauptwerk im Besitz des Künstlers und gelangte aus seinem Nachlass an seinen Schwiegersohn und die Stiefmutter seiner zwei Enkelinnen, bei denen es bis 1986 verblieb. Nach der Adams Ausstellung wurde es bei Christies in London (Auktion 26.6.1987 Lot 88) zur Versteigerung gebracht um die Pflegekosten von Adams Enkeltochter Nina in Belgien zu decken (idente Vorgangsweise wie beim Portrait Madame de Portas, s. dessen Eintrag). Das Bild wurde kurz danach wiederum bei Sothebys New York (Auktion 28.2.1990 Lot 120) versteigert, wo es vom jetzigen Besitzer erworben wurde. Das Gemälde ist in einem Schloss in Frankreich untergebracht, womit das Bildnis ebenso wie die Gräfin in ihrem Exil in Frankreich Heimat gefunden hat.

Verwendete Quellen:
J. Temnitz Acta Historica Academiae Scientiarum Hungaricae, T. 15, No. 3/4 (1969), pp. 376-383.
Wikipediaeintrag Michael Karolyi
Eintrag Michael Karolyi bei Austrian Commanders
P. Lendvai: Die Ungarn – Eine tausendjährige Geschichte. Verlag Goldmann, München 2001.

Ausgestellt

1918 Künstlerhaus Wien Herbstausstellung 17.11.1918-20.12.1918 (kein Eintrag im EL)

1986 Akademie Schillerplatz Wien, Wiener Gesellschaft im Portrait, Katalog Nr. 43

Literatur

Schaffer/Eisenburger 1986, Ausstellungskatalog #43 (S/W Abb.)

APH, Werksverzeichnis JQA 1995, S. 167, Kat.#135, Abb.#92.

Provenienz

Nachlass des Künstlers.
bis 1986/87 Familie Frank Wien (Verwandte des Künstlers).
Auktion Christies London 26.6.1987 Lot 88.
Unbekannt.
Auktion Soethebys New York 28.2.1990 Lot 120.
Privatsammlung, Frankreich.

Top