John Quincy Adams, Werkschau John Quincy Adams, Bilder von John Quincy Adams

Fritz und Rolf von Beck 1920

Knaben-Ganzkörper-Doppelportrait in sitzender Stellung. Der ältere 15-jährige Knabe (Fritz) in dunkelgrauem Reitanzug mit braunen Reitstiefeln in einem hohen Gobelin-Lehnstuhl sitzend, seine linke Hand einen schwarz-braunen Dobermann Hund mit coupierten Ohren streichelnd. Zu seiner Linken der 11-jährige jüngere Bruder (Rolf) auf der Lehne des Sessels sitzend, sein rechter Arm auf dem Oberschenkel ruhend, den linken Arm auf der Lehne des Stuhls abgelegt. Er trägt einen hellgrauen Sportanzug mit breitem Stoffgürtel und kurzen Hosen, sowie ein weisses Hemd mit schwarzer Krawatte, hellbraune Stiefeletten und hellen Socken. Hintergrund in flächigen Braun-Goldtönen gehalten, den Boden, eine Wand sowie einen goldfarbenen Vorhang andeutend.

JQAW# P_1920_020
Öl auf Leinwand, 185 x 125 cm
Signatur: John Quincy Ɑdams 1920
Privatbesitz Portugal.

Dr. Fritz (Friedrich/Frédéric) Berthold von Beck, 21.5.1905 Wien bis 25.2.1997 Lissabon, Unternehmer und passionierter Fuchsjäger. Ing. Rolf (Rudolf) Emanuel von Beck, 25.3.1909 Wien bis 25.4.1991 Suffolk, UK, Autorennfahrer, Erfinder und Unternehmer.
Fritz und Rolf Beck wurden in eine bekannte Wiener Industriellenfamilie geboren. Die Firma Wilhelm Beck und Söhne war der führende Hersteller von Militär- und Beamtenuniformen der Monarchie. 1849 von Wilhelm Beck (1819-1909) gegründet, wurde der Betrieb von seinen Söhnen Hermann (1845-1913) und Adolf (1851-1921) weitergeführt und erweitert. Hermanns Söhne Otto (1873-1960, Vater der zwei Buben) und Edmund (1878-1942) sowie Adolf’s Sohn Arthur (1882-1942) führten den Betrieb weiter, der auch durch die Ernennung zum Hoflieferanten geehrt wurde. Das elegante Verkaufsgeschäft der Firma im noblen Palais Equitable am Wiener Stephansplatz war legendär. Die Firma expandierte während des Ersten Weltkrieges enorm und wurde durch Textilfabriken in der heutigen Tschechischen Republik erweitert. Nach dem Ende der Monarchie geriet die Firma auf Grund mangelnder Nachfrage in wirtschaftliche Schwierigkeiten. Die Wiener Produktionsstätten wurden 1920 an M. Neumann & Söhne verkauft und die Familie behielt lediglich einen Minderheitsanteil an der verbleibenden Firma bis zu deren Liquidierung im Jahr 1933. Lediglich die Betriebe in der Tschechoslowakei bestanden weiter und wurden von Edmund Beck geleitet (die Wiener Zweige bis zu deren Auflösung durch Otto und Arthur Beck). Trotz dieses Niedergangs der Firma war die Familie Beck weiterhin sehr wohlhabend und hatte einen umfangreichen Realitätenbesitz in Wien, am Wolfgangsee, sowie in der Tschechoslowakei. Otto und Edmund Beck wurden am 31.10.1918 (kurz vor Kaiser Karls Rücktritt von den Regierungsgeschäften am 11.11.1918, der dann die Ausreise ins Exil in der Schweiz am 23.3.1919 folgte) nobilitiert. Dies waren mit einer Ausnahme die letzten jüdischen Nobilitierungen der Monarchie (s. Jan Županič Hist. Jahrbuch 2016, 136:501-597). Otto sowie seine Söhne Fritz und Rolf führten danach (auch nach Abschaffung der Adelstitel in Österreich am 10.4.1919) die Bezeichnung Freiherr von Beck bzw. Baron Beck. (Laut verfügbaren Quellen verwendete hingegen Edmund Beck und seine Familie den Adelstitel nicht.) Die Eltern der zwei Brüder waren Dr. Otto von Beck (Adelstitel 1918, Doktortitel 1922), 19.12.1879 Wien bis 13.12.1960 Genf, sowie Margarethe/Marguerite (Grete), geb. Schwitzer (Schwytzer), 19.12.1892 Wien bis 21.01.1954 Genf. Auch Otto und Margarethe von Beck wurden zeitnah von Adams portraitiert (s. Querverweise).

Dr. Fritz von Beck verbrachte seine Jugend in Wien, seine Studien schloss er mit dem Doktortitel ab. Ab Mitte/Ende der 1920er-Jahre hatte er seinen Hauptwohnsitz in der Tschechoslowakei auf dem schlossähnlichen Gut Rohov, das sein Vater 1919 erworben und nach einem Brand 1924 wiederaufgebaut und erweitert hatte und wohl vor/nach 1927 seinen Söhnen überschrieb. Über seine frühe berufliche Tätigkeit ist nichts bekannt. Vorträge und Radiosendungen in Prag zu seinen Reisen per Schiff (nach Malta oder von Prag an die Nordsee) sind in Zeitungsberichten überliefert. Im Jänner 1935 verehelichte er sich in Salzburg mit Edith („Dity“) Irene, geb. Knapitsch, eine Nachricht, die auch in der Wiener Salonpresse mit einen Photo des jungen Paares verbreitet wurde. Laut Familientradition lernte er anlässlich eines Aufenthaltes in England in den 1930er-Jahren die Fuchsjagd mit Hunden kennen, ein Interesse, das er zeitlebens aufrecht erhielt. Dem Ehepaar wurden drei Kinder geboren, das Erste (Sohn Martin) wurde noch in der Tschechoslowakei geboren, die zwei weiteren (Tochter Marina und Sohn Christopher später im Exil in Portugal). 1939 gelang es Fritz von Beck in letzter Minute rassischer Verfolgung durch die Nazis, die die Tschechoslowakei besetzten, zu entkommen. Mit seiner Familie floh er per Auto über Jugoslawien, Italien und Spanien nach Portugal. Die Familie verblieb im Exil in Portugal, wo Fritz, nunmehr Frédéric de Beck, ein erfolgreicher Geschäftsmann wurde. Seine Firma Transagraire (an der auch sein Vater Otto von Beck in Genf finanziell substanziell beteiligt war - Der Bund 25.Mai.1945 02, S.3), importierte Kolonialgüter wie Kaffee, Kakao und Sisal vor allem aus den noch bestehenden portugiesischen Kolonien in Afrika. Nach dem Kriege nahm er seine Verbindungen nach Österreich wieder auf, besuchte regelmäßig das Salzkammergut (St. Gilgen) und Wien und besaß auch eine Wohnung in Salzburg (Neutorstraße 15), von wo das gegenständliche Adams Portrait 1986 freundlicherweise als Leihgabe zur großen Adams-Ausstellung zur Verfügung gestellt wurde. In Portugal war er vor allem als Besitzer des einzigen Fuchsjagd-Hunderudels der Iberischen Halbinsel bekannt, das er während 40 Jahren bis zu seinem Tode führte. Fritz von Beck verstarb 1997 im Kreise seiner Familie in Lissabon.

Ing. Rolf von Beck verbrachte seine Jugend in Wien, übersiedelte aber wohl um die Mitte der 1920er-Jahre in die Tschechoslowakei auf Gut Rohov, das sein Vater nach der dem Großbrand 1924 folgenden Renovierung als landwirtschaftliches Gut bewirtschaftete. Er studierte Maschinenbau und Chemie und schloss seine Studien in Wien, Genf und Lausanne mit dem Ingenieurstitel ab. Bereits als 20-jähriger nahm er mit Skoda-Automobilen an Autorennen teil und war im Zeitraum 1930 bis 1938 regelmäßiger Teilnehmer von Autorennen und Tourenfahrten, vor allem der Wintertourenfahrt des Österreichischen Touring Clubs, wo er 1938 ex aequo den Ersten Platz in der Klasse bis 1100 cm3 belegte. Diese Winterfahrten waren aufgrund des Wetters und der schlechten Straßenbedingungen sehr anspruchsvoll, wenige Teilnehmer schafften es bis zum Ziel (1931 erhielt Rolf Beck deshalb auch einen Spezialpreis). Baron Rolf Beck gab bei den Rennnennungen als Beruf „Gutsbesitzer“ an. (1924 überschrieb Otto von Beck seinen zwei Söhnen die Villa in St. Gilgen am Wolfgangsee, Ischlerstrasse 13; die Söhne verkauften den zur Aufstellung im Garten bestimmten Mozartbrunnen des Bildhauers Karl Wollek an die Gemeinde St. Gilgen. Er ist seither ein Wahrzeichen des Ortes. 1927 verkauften sie auch die Villa. Später überschrieb Otto von Beck auch Gut Rohov in der Tschechoslowakei an seine Söhne.) Rolf von Beck war auch Inhaber der Arsenalgarage in der Karolinengasse in Wien. Neben Autorennen galt sein Interesse auch dem Segelsport. 1927 nahm er mit der Jacht Lybussa II an der Jahresschlussregatta in St. Gilgen teil und erreichte den 3. Rang in der 20 m2 Schwert-Rennklasse. (Den Ersten Preis in der Sonderklasse errang John Quincy Adams auf seinem Boot Jugend.) Rolf von Beck übersiedelte um 1937 nach England, wo er bis 1939 Vertriebsrepräsentant für Skoda-Automobile war. Nach der Besetzung der Tschechoslowakei durch Deutsche Truppen und der einsetzenden rassischen Verfolgung der Juden, der zahlreiche Mitglieder der weitverzweigten Familie Beck zum Opfer fielen (s. den Exkurs Shoah Opfer der Familie Beck in Eintrag zum Portrait Otto von Beck), verblieb er in England und wurde als Erfinder (Trocken-Schmiermittel und Schmiermittel-Komponenten/Additive für Motoren) und Gründer mehrerer Firmen, darunter die noch heute bestehende Firma Molyslip, sehr erfolgreich, einen Erfolg, den er auch entsprechend inszenierte. Privat war sein Leben schillernd. Er war 4 Mal verheiratet (hatte aber nur einen Nachkommen, seinen Sohn Steven Rolf, der 1997 nur 49-jährig kinderlos verstarb). Bis 1951 bewohnte er Holtsmere House, Redbourne, Herts (dessen Kunstsammlung, vor allem alter holländischer Meister, gelangte 1951 zur freiwilligen Auktion) und danach das historische Landgut Leyham Hall in Suffolk, wo seine (eher exzentrische) erste Gattin (Heirat 1944, Scheidung vor 1975) Elizabeth, geb. Fletcher, exotische Grosstiere (Bären), Pferde, Schimpansen, und zahlreiche Kleintiere hielt und darüber in einem 1964 publizierten Buch durchaus amüsant berichtete (Baroness Elizabeth Beck, Murgatroyd started it!, County Life Limited, London, 1964, 111pp). Ein Bär attackierte Elizabeth und musste von Rolf Beck erschossen werden, der aber diese Aufregungen offenbar genoss. Seine Herkunft und Finanzlage blieben geheimnisumwittert (Michael Wynne-Parker, 2011, S.62-63). Seine privaten Hobbys umfassten die Jagd, den Segelsport, Skifahren, sowie seine lebenslange Leidenschaft für Autos. Baron Rolf Beck verstarb 1991 in Suffolk, England und ist ebenso wie sein Sohn Steven am pittoresken Friedhof der St. Mary Kirche im Dorf Raydon unweit Leyham Hall beerdigt.

Das Knabenportrait der Gebrüder Beck ist eines der gelungensten Jugendlichen-Portraits von Adams. Die Inszenierung um den Lehnsessel stellt sowohl die brüderliche Verbundenheit, sowie auch die individuellen Persönlichkeiten der Knaben meisterlich dar. Auch die natürliche Haltung der Kinder, sicherlich durch der Anwesenheit des ebenfalls dargestellten Familienhundes gefördert, ist bemerkenswert, weil normalerweise sehr schwer zu erreichen. Es ist nicht bekannt, ob die Familie Beck bereits 1920 engere persönliche Verbindungen zum Maler Adams unterhielt (ein möglicher weiterer Grund für die Ungezwungenheit der beiden Knaben bei der Portraitsitzung), solche sind aber für folgende Jahre belegt. Die Beck-Familientradition berichtet von mehrmaligen Besuchen von Adams auf Gut Rohov (wohl nach 1924) und auch die gemeinsame Teilnahme von Adams und Rolf von Beck an der St. Gilgener Regatta 1927 zeugen davon. Das Portrait ist, wie der im Bild verwendete Lehnsessel (der auch in anderen Portraits oftmals Verwendung findet) beweist, im Adams Atelier in der Theresianumgasse 11 in Wien entstanden. Das Atelier befand sich in unmittelbarer Nachbarschaft zur Wiener Wohnung von Otto von Beck in der Karolinengasse 5, die die Familie zwischen 1917 und 1927 bewohnte. Stilistisch ist das Portrait charakteristisch für die Spätphase des Künstlers. Er behielt das (von Whistler inspirierte) Prinzip der Ton-in-Ton Farbgebung bei, löste den Hintergrund aber zunehmend zu abstrakten Farbflächen auf, die lediglich durch grob strukturierte Pinselstriche gestaltet wurden. Der Bildhintergrund tritt somit wirklich in den Hintergrund und konzentriert den Blick auf die gelungene Komposition der Gruppe der zwei Knaben mit dem Hund. Bei der Provenienz des Bildes ist bemerkenswert, dass es trotz der rassischen Verfolgung der Familie Beck (rund 10 Onkel/Tanten und Cousins der zwei Brüder fielen der Shoah zum Opfer) immer im Familienbesitz blieb. Es gelange zusammen mit den zwei anderen Adams Portraits von Otto und Grete (Margarethe) Beck mit diesen in die Schweiz. Nach deren Tod gelange das gegenständliche Bild an Fritz von Beck und von ihm wiederum an seine Familiennachkommen.

Danksagung: Freundliche Mitteilungen von Christopher de Beck und von Sarah Helen Beck lieferten wichtige Daten und Informationen zur Biographie.

Ausgestellt

1986 Akademie Schillerplatz Wien, Wiener Gesellschaft im Portrait, Katalog Nr. 47.

Literatur

Schaffer/Eisenburger 1986, Ausstellungskatalog #47 (S/W Abb.), dort irrtümlich als Otto und Fritz von Beck bezeichnet.

APH, Werksverzeichnis JQA 1995, S. 174, Kat.#141, Abb.#95.

Provenienz

Otto und Margarethe von Beck, Wien, Rohov und Genf.
Dr. Fritz von Beck, Lissabon und Salzburg.
Dessen Familiennachkommen,
Privatbesitz, Portugal.

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